2 Arten von körperlichem Verlangen und Heißhunger

Ich unterscheide gerne zwischen natürlichem und angezüchtetem Verlangen.

1. Natürlicher Heißhunger

Dein Körper ist hochintelligent. Wenn auch manchmal ein wenig lästig.
Er weiß ganz genau, was er braucht, und wenn er das nicht bekommt, macht er sich eben deutlich bemerkbar. Wie ein anspruchsvoller Hotelgast, der ständig das Servicepersonal kommen lässt, solange bis endlich seine Bedürfnisse zu seiner Zufriedenheit erfüllt sind.

Mit dem Signal Hunger meldet dein Körper (= Hotelgast), dass er Nachschub an Nahrung benötigt – Energie, um all seine Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen zu können. Mit dem Signal Heißhunger meldet er:

Meine Liebe, ich brauche DRINGEND Nahrung – JETZT! SOFORT!

Hat dein Körper alle Nährstoffe bekommen, die er benötigt, signalisiert er ein Sättigungsgefühl.
(Ob du darauf hörst oder nicht, ist eine andere Geschichte. ?)
Aber wehe, er bekommt nicht, was er braucht. Dann versucht er dich mit regelmäßigen Heißhungerattacken und Gelüsten dazu zu bringen, endlich das zu liefern, was er möchte. Solange, bis er es tatsächlich bekommt.

Fairerweise müssen wir jetzt noch klarstellen, dass dein Körper kein lästiger Hotelgast ist, denn er macht das für dich und für dein Überleben!

Der Heißhunger und deine Gelüste sind natürlich, wenn dein Körper nach einem Essen verlangt, das seine WAHREN Nährstoffbedürfnisse erfüllt. eine Dysbalance im Körper ausgleicht und/oder einen Heilungsprozess anregt.

Hinlänglich bekannt ist, dass Schwangere oft seltsame Gelüste haben, die mit dem süßen Zwerglein in ihrem Bauch zu tun haben.
Viele Sportler verdrücken Unmengen an Bananen, die reichlich Magnesium und Kalium enthalten. Beides ist wichtig für die Funktion von Muskeln und Nerven sowie für die Energiegewinnung und den Elektrolyt-Haushalt.
Manche kennen das dringende Bedürfnis, Zitrusfrüchte zu essen, wenn das Immunsystem ein wenig down ist und der Körper einen erhöhten Vitamin C Bedarf hat.
Ich hab oft Heißhunger auf Maroni, wenn ich Stress hab und das Gefühl, übersäuert zu sein.
Und manchmal bin ich richtig gierig Parmesan, könnte am Kalzium liegen.

In all diesen Fällen ist das Verlangen natürlich, sinnvoll und hilfreich.
Es tut dir und deinem Körper gut diesen Gelüsten nachzugehen. Vorausgesetzt es sind die „richtigen“ Nahrungsmittel, die du dir – am besten langsam und mit Genuss (!) – einverleibst.

Wunder über Wunder, der Heißhunger und die Gier verschwinden – ganz von allein, sobald dein Körper hat, was er braucht.

P.S: Ein Nährstoffmangel ist auch oft die Ursache für Heißhungeranfälle während einer Diät. So ein Mangel kann dir das Abnehmen richtig schwer machen.

2. Angezüchteter Heißhunger

Das klassische Beispiel ist Zucker: Vielen Frauen gelüstet es nach etwas Süßem, wenn sie sich gestresst, überfordert oder müde fühlen. Das ist ein ganz natürliches Verlangen (Punkt 1), denn der süße Geschmack in Lebensmitteln erdet, stärkt, harmonisiert und entspannt den ganzen Organismus.

Ursprünglich heißt „süß“ für den Körper Nahrung wie Karotten, Kürbis, Früchte, Birnen, Himbeeren, Hirse oder Ähnliches. Der natürliche Heißhunger des Körpers lässt sich mit diesen Nahrungsmitteln stillen.

Fast jede Süßesserin und alle Schokoladen-Junkies werden jetzt verächtlich die Nase rümpfen. Wer seinen Körper an zuckerhaltige GENUSSmittel gewöhnt hat, empfindet den natürlich süßen Geschmack von Nahrungsmitteln nicht mehr als süß. Der Körper will MEHR.

Vielleicht beherrscht du dich anfangs und isst erst mal einen Apfel, knabberst an ein paar Karotten, isst ein paar Trockenfrüchte und dann…. hältst du es nicht mehr aus und verdrückst die Tafel Schokolade.

So entsteht ein Teufelskreis.

Einfach erklärt: Der Blutzucker – die Konzentration von Glukose in deinem Blut – spielt eine entscheidende Rolle in der Regulation deines Hungers – und damit auch deines Heißhungers.
Isst du „Nahrungsmitteln“, die rasch viel Zucker ins Blut bringen wie Weißmehlprodukte, Schokolade & Co, schüttet deine Bauchspeicheldrüse vermehrt Insulin aus, um die Zuckermoleküle schnell wieder aus dem Blut zu holen.
Das bedeutet: Dein Blutzucker sinkt rasch. Nachdem ein niedriger Blutzuckerspiegel deinem Gehirn gar nicht passt, zwingt es dich, die Situation wieder in Ordnung zu bringen. Ganz einfach, in dem dir dein Körper Heißhunger macht. Du wieder zur Schoki oder zum Kuchen greifst.

Ganz ähnlich kann es dir mit Salzigem ergehen: Du hast beispielsweise ein natürliches Verlangen nach Salzigem, weil auf Grund von Stress Mineralstoffe und Elektrolyte fehlen und du ziehst dir jedes Mal eine Packung Chips rein. Wundere dich nicht, wenn du schon in Kürze wieder unwiderstehlichen Heißhunger auf Chips hast.

Schuld ist nicht immer der durcheinandergeraten Blutzuckerspiegel.

Viele Genussmittel – Süßigkeiten oder Junk-Food wie Chips, Pommes & Co – haben das Potenzial süchtig zu machen. Sie tricksen dein Belohnungssystem aus, verändern die chemischen Vorgänge in deinem Gehirn und TREIBEN dich förmlich dazu, das Zeug ständig zu essen,

  • OBWOHL du das eigentlich gar nicht möchtest.
  • OBWOHL du weißt, das es deinem Körper nicht gut tut und sich negativ auf dein Gewicht auswirkt.
  • OBWOHL darin keine Nährstoffe sind, die dein Körper braucht, und dich das Zeug auf Dauer niemals befriedigen kann.

All das passiert in der Regel nicht von einem Tag auf den anderen.
Diese Art von Heißhunger züchten wir uns mehr oder weniger langsam an.

Vergiss bitte nicht: Oft steckt ein vollkommen natürliches, sinnvolles Bedürfnis hinter angezüchteten Gelüsten. Du hast nur ein gesundes Verlangen, immer und immer wieder mit den „falschen“ Nahrungs- bzw. Genussmitteln befriedigt. Mitteln, die das Ganze schlimmer statt besser machen. Damit zur dritten Ursache, die wir heute beäugen.

Schon dein Hausverstand hilft dir, zwischen natürlichem und angezüchtetem Heißhunger zu unterscheiden. Aber auch dein Körper meldet es dir in Wahrheit unmissverständlich zurück:

  • Bekommt dein Köper, was er tatsächlich braucht, fühlst du dich à la longue weitgehend gut, ausgeglichen, energiegeladen und wohl in deiner Haut – selbst dann, wenn du gerade sehr seltsame Dinge gegessen hast.
  • Bekommt dein Körper hingegen, was er nur GELERNT hat, zu brauchen, fühlst du dich vielleicht kurzfristig gut, aber schon bald kippt dein Wohlbefinden und du fühlst dich schwer, unwohl, energielos, schuldig oder ähnliches.

Den ersten Schritt, den du ab sofort machen kannst, ist dich zu BEOBACHTEN: neugirig zu sein und zu versuchen, herauszufinden, wann ein natürliches Verlangen hast (geh dem unbedingt nach) und wann es angezüchteter Heißhunger ist.

Ohne Urteil. Ohne unbedingt sofort etwas an angezüchtetem Heißhunger verändern zu wollen.

Je mehr du:
a.) auf das natürliche Verlangen deines Körper hörst (in Bezug aufs Essen, aber auch in Bezug auf Schlaf, Erholung und Trinken)
b.) künstliches Verlangen erkennst und durchschaust, was du dir und deinem Körper damit antust und
c.) je besser es dir emotional geht (darum kümmern wir uns im Retreat),
desto leichter wirst du aus dem künstlichen Kreislauf aussteigen können.

Es wird dir immer leichter fallen, auf die Nahrungsmittel zu verzichten, die dir nicht gut tun. Der Verzicht kommt dann aber nicht aus deinem KOPF und läuft nicht unter dem Motto:

Oh Gott, ich DARF das nicht mehr essen. Dabei ist das soooo gut.

Sondern viel mehr unter dem Motto:

Das mag ich nicht. Das tut mir und meinem Körper nicht gut.

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